Von einer Umsatzsteuerbefreiung beim Bitcoin-Handel und -Annehmen kann nicht die Rede sein. Händler sollten aufpassen!
Die Welt titelt gestern “Zahlungen mit Bitcoins sind umsatzsteuerfrei” mit der reichlich fragwürdigen Unterschrift “Bislang war die umsatzsteuerliche Behandlung von Bitcoins umstritten. Nun schafft das Finanzministerium im Online-Handel Klarheit. Experten sehen digitale Währungen jetzt vor dem großen Durchbruch.” Dies möchte ich zum Anlass nutzen, um diese vollkommene Fehldarstellung gerade zu rücken.
Beginnen wir dazu mit einigen Hintergrundinformationen. Frank Schäffler war Mitglied des Bundestages (MdB) für die FDP. Als solcher konnte er Anfragen an das Finanzministerium stellen, welche dieses zu beantworten hat. Er hat bezüglich Bitcoin vier Anfragen gestellt und hierauf auch Antworten erhalten. Sein Ansinnen ist sehr löblich und auch wichtig. Allerdings schlagen sämtliche Medien und auch Herr Schäffler selbst bei der Interpretation der Resultate kräftig über die Stränge, wie ich im Folgenden darstellen werde. Im Rahmen der Debatte wurde auch immer wieder behauptet, das Finanzministerium hätte Bitcoins in Deutschland “legalisiert”. Das ist nicht richtig. Erstens kann das Finanzministerium gar nichts legalisieren – das kann nur das Parlament – sondern lediglich seine Interpretation der Gesetze abgeben. Zweitens waren Bitcoins auch vorher schon legal, sofern dies überhaupt einmal strittig gewesen sein könnte. Für die Beurteilung der Legalität sind die Gesetze in Deutschland entscheidend. Jeder kann diese lesen und dann auf Bitcoin anwenden. Dabei wird er zu dem Schluss kommen, dass Bitcoin gegen kein bestehendes Gesetz verstößt.
Kommen wir zu den Anfragen.
Anfrage 1 vom 13. Juni 2013
Inhalt der Anfrage:
Wie werden die Schöpfung von (das sogenannte „Schürfen“) bzw. Transaktionen in sogenannten „Bitcoins“ (Überlassen von Bitcoins als Gegenleistung einerseits beim Erwerb von Gütern und andererseits auf Bitcoin-Tauschbörsen gegen Euro) steuerlich behandelt, und sieht sich die Bundesregierung in der Lage, die geschuldeten Steuerforderungen vor dem Hintergrund der Anonymität von Transaktionen mit bzw. der Schöpfung von Bitcoin faktisch durchzusetzen?
Anmerkung: Hintergrund ist, dass die Geldflüsse mit Bitcoin quasi anonym durchgeführt werden können. Der Aufwand für eine Ermittlung der Steueransprüche durch den Staat dürfte damit stark erhöht werden.
Antwort:
Die Nutzung von “Bitcoins” als Zahlungsmittel hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die steuerliche Bewertung der damit vollzogenen Geschäfte oder Transaktionen. Das gilt für direkte und indirekte Steuern gleichermaßen. Wenn die Transaktionen erwerbswirtschaftlich erfolgen und einer der Einkuftsarten des Einkommensteuergesetzes zuzuordnen sind, führen sie zu einkommensteuerpflichtigen Einkünften. Das können Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 des Einkommensteuersgesetzes – EStG) oder Einkünfte aus sontigen Leistungen (§ 22 Nummer 3 EStG) sein. Mit Bitcoins können aber auch private Veräußerungsgeschäfte nach § 23 Absatz 1 Nummer 2 EStG getätigt werden.
Fassen wir die Aussage des ersten Teils der Antwort zusammen: Gleich der erste Satz bestätigt, dass es unerheblich ist auf welche Art man den geldwerten Vorteil bei einem Geschäft erhält. Es fällt in allen Fällen, in denen bei einer Euro-Zahlung Umsatzsteuer anfällt natürlich auch bei einer Bitcoin-Zahlung eine Umsatzsteuer an. Und auch alle anderen Steuern werden gleich berechnet. Dies gilt also auch für das Gehalt. Diese Bewertung von Transaktionen macht auch Sinn: Sollte mir mein Arbeitgeber das Gehalt nicht überweisen, sondern im gleichen Wert Gold zustecken, muss er trotzdem die Steuern und Sozialabgaben abführen. In gewissem (sehr geringen) Rahmen sind private Verkäufe nicht Einkommensteuerpflichtig (und auch nicht Umsatzsteuerpflichtig). Ob dabei Bitcoins oder Euro verdient werden ist irrelevant für die Besteuerung.
In Bezug auf die Durchsetzung von Steueransprüchen aus der Verwendung von Bitcoins sind die Anonymität und Abwicklung der Transaktionen über das Internet kein neuartiges Problem. Der Austausch von Gütern oder Wertpapieren kann auch auf anderem Wege anonym vollzogen werden. Die zunehmende Abwicklung von Geschäften über das Internet hat die Finanzverwaltung im Übrigen frühzeitig erkannt. Das Bundeszentralamt für Steuern wurde deshalb vor geraumer Zeit beauftragt, die Landesfinanzbehörden bei der Umsatzbesteuerung des elektronischen Handels zu unterstützen, indem es das elektronische Dienstleistungsangebot beobachtet (§ 5 Absatz 1 Nummer 17 Finanzverwaltungsgesetz).
Der zweite Teil der Antwort beschreibt die irrige Annahme des Finanzministerium, dass Bitcoin keine größere Gefahr darstellt, als bekannte Zahlungssysteme.
Anfrage 2 vom 31. Juli 2013
Inhalt der Anfrage:
Wie können vor dem Hintergrund, dass Bitcoins häufig in „Depots“ (Wallets) bei verschiedenen Anbietern/Börsen gehalten werden, die steuerlichen Nachweise für die Einhaltung der Haltefrist bzw. den jeweiligen Zeitpunkt von Erwerb und Verkauf erbracht werden, und welche Besteuerungsmethoden (First-in-First-out Methode (FiFo), Last-in-First-out (LiFo), Durchschnittsbewertung oder eine andere Methode; wallet-übergreifend oder nach Depots bei Anbietern/Börsen getrennt) hält die Bundesregierung in Bezug auf Bitcoins für anwendbar?
Anmerkung: Hintergrund dieser Anfrage ist, dass es eigentlich gar nicht möglich ist, nachzuweisen, wie lange man Bitcoins gehalten hat. Ohne weitere Erläuterungen dürfte das aber beim Finanzministerium nicht verstanden worden sein.
Antwort:
Zu den Wirtschaftsgütern, die Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts sein können, gehören auch Bitcoins. Werden Euro in Bitcoins umgetauscht, wird damit das Wirtschaftsgut “Bitcoins” angeschafft. Der Rücktausch der Bitcoins in Euro innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung ist ein privates Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Einkommensteuergesetz.
Zu der Frage, wie der Veräußerungsgewinn bei nacheinander angeschafften und im selben Depot gehaltenen und anschließend sukzessive wieder veräußerten Bitcoins zu ermitteln ist, gibt es bislang keine zwischen dem Bund und den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmte Auffassung; das Bundesministerium der Finanzen wird die Problematik auf einer der nächsten Sitzungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder erörtern.
Zusammenfassung: Wenn beim Verkauf von Bitcoins die kürzer als ein Jahr gehalten wurden Geld verdient wird (vom Verkaufserlös wird das Investment beim Kauf abgezogen), dann ist dieser als Einkommen zu versteuern. Der Nachweis ist problematisch und wie man damit umgeht unbekannt. Da muss erstmal ein “Expertenkreis” konsultiert werden.
Auszug aus dem Bafin Merkblatt vom Juni 2013
Um die Antwort der nächsten Anfrage zu verstehen braucht man einen Auszug aus den BaFin Merkblättern. Das BaFin Merkblatt “Hinweise zu Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 Satz 1 Nummern 1 bis 7 KWG (Aktien, Vermögensanlagen, Schuldtitel, sonstige Rechte, Anteile an Investmentvermögen, Geldmarktinstrumente, Devisen und Rechnungseinheiten)” enthält Erläuterungen, was genau alles vom Kreditwesengesetz (KWG) erfasst wird. Alle Devisen, Geldmarktinstrumente usw. werden, wenn sie unter das KWG fallen, von der BaFin reguliert. Aus der Version vom Juli 2013 ist folgender Auszug:
hh) Devisen und Rechnungseinheiten
Nach § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 KWG sind Devisen und Rechnungseinheiten Finanzinstrumente.
Als Devisen im Sinne des KWG sind – das KWG definiert Devisen nicht selbst – auf fremde Währung lautende ausländische Zahlungsmittel mit Ausnahme von Sorten, vor allem Bankguthaben in Fremdwährung, aber auch Wechsel, Schecks und Zahlungsanweisungen. Sorten gehören als Bargeld nicht zu den Devisen.
Den Devisen sind Rechnungseinheiten, die keine gesetzlichen Zahlungsmittel sind, gleichgestellt. Dies sind beispielsweise Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF) – eine Art Kunstwährung, die sich aus einem Korb verschiedener Währungen zusammensetzt – oder privatrechtlich ausgegebene Komplementärwährungen wie Regionalwährungen, namentlich Bitcoins und andere digitale Zahlungsmittel; auf eine Vorauszahlung wie bei der Abgrenzung des E-Geld-Geschäfts nach § 1a Abs. 3 des Gesetzes über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten kommt es dabei nicht an. Die währungsrechtliche Zulässigkeit solcher „Nebengelder“ ist für die Einstufung als Finanzinstrument im Sinne des § 1 Abs. 11KWG unerheblich.
Zusammenfassung: Die BaFin betrachtet Bitcoin als Rechnungseinheiten. Deshalb wird der Handel damit von der BaFin reguliert. Man muss also eine Erlaubnis von der BaFin bekommen, wenn man damit professionell handeln will. Diese Erfahrung hat auch bitcoin.de gemacht und deshalb die Kooperation mit der Fidor Bank angestrebt. Frank Schäffler bezieht sich in seiner nächsten Anfrage auf dieses Merkblatt.
Anfrage 3 vom 31. Juli 2013
Inhalt der Anfrage:
Schließt sich die Bundesregierung der Ansicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) an, die Bitcoins als Rechnungseinheiten einstuft, welche wiederum Devisen gleichgestellt sind (vgl. Merkblatt der BaFin “Finanzinstrumente”), und ist der Handel mit Bitcoins dann gemäß § 4 Nr. 8b Umsatzsteuergesetz von der Umsatzsteuer befreit?
Anmerkung: Die BaFin stellt aus regulatorischer Sicht die Rechnungseinheiten den Devisen gleich. Das hat aber leider rechtlich und vor allem steuerlich gar keine Relevanz. Die Anfrage von Herrn Schäffler ist gut, aber wie man sieht leider nicht so einfach. Regulierung und Besteuerung sind zwei getrennte Felder.
Antwort:
“Bitcoins” sind weder E-Geld noch gesetzliches Zahlungsmittel und daher weder als Devisen noch als Sorten einzuordnen. Sie sind jedoch unter den Begriff der Rechnungseinheiten als Finanzinstrument nach § 1 Absatz 11 Nummer 7 Kreditwesengesetz (KWG) zu subsumieren. Rechnungseinheiten sind Devisen vergleichbare Verrechnungseinheiten, die – anders als Devisen – nicht auf gesetzliche Zahlungsmittel lauten. Hierunter fallen Werteinheiten, die die Funktion von privaten Zahlungsmitteln bei Ringtauschgeschäften haben sowie jedes andere “private Geld” oder sonstige Komplementärwährungen, die auf der Grundlage privatrechtlicher Vereinbarungen als Zahlungsmittel in multilateralen Verrechnungskreisen eingesetzt werden können.
Nach § 4 Nummer 8 Buchstabe b Umsatzsteuergesetz (UStG) sind die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln steuerfrei. Gesetzliche Zahlungsmittel sind kursgültige Banknoten und Münzen, die nach den Gesetzen eines international anerkannten Staats dazu bestimmt sind, im allgemeinen Zahlungsverkehr zur Erfüllung von Geldschulden zu dienen. Von § 4 Nummer 8 Buchstabe b UStG werden nicht nur deutsche, sondern auch alle ausländischen Banknoten erfasst, die in ihrem Ausgabeland gesetzliches Zahlungsmittel sind; dies gilt selbst dann, wenn solche Zahlungsmittel in Deutschland ohne Umtausch in Euro nicht zur Zahlung verwendet werden können.
Daraus folgt, dass eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nummer 8 Buchstabe b UStG für Umsätze von “bitcoins”, die lediglich als Akt privater Geldschöpfung entstehen und demnach kein gesetzliches Zahlungsmittel sind, nicht in Betracht kommt.
Das Finanzministerium kassiert sofort den Anspruch, dass Bitcoins steuerlich mit Devisen gleich gesetzt werden können. Sie sind vielmehr etwas das ähnlich ist, aber nicht “offiziell”. Als Devisen oder “richtiges Geld” kann Bitcoin nur zählen, wenn Bitcoins als Zahlungsmittel in einem international anerkannten Staat offizielle Währung werden. Bis dahin ist der Handel mit Bitcoin voll umsatzsteuerpflichtig. Das heißt jeder der Bitcoins für 119€ verkauft, muss 19€ Umsatzsteuer abführen. Bei privaten Verkäufen fällt das nur nicht an, weil meistens kein kommerzieller Handel vorliegt. Ähnlich wie bei ebay. Ab einer gewissen Umsatzgrenze muss man auch für Dinge die man auf ebay verkauft Umsatzsteuer abführen. Man wird quasi vom Privatmann zum professionellen Händler.
Diese Antwort ist natürlich etwas traurig. Während man lustig mit Aktien, Gold und Devisen handeln kann ohne dafür jemals einen Cent Umsatzsteuer zu bezahlen, soll man dies für Bitcoins tun. Das ist sehr schlecht für die Bitcoin-Wirtschaft, weil sich damit das aktive Trading gar nicht lohnt. Bei jedem Deal würde man fast 20% Wertverlust hinnehmen müssen. Vollkommen abwegig, dann noch professionell handeln zu wollen. Der Handel mit Gold ist übrigens auch nicht einfach so umsatzsteuerfrei. Vielmehr gibt es einen schnöden Zusatz zum Gesetz: § 25c Umsatzsteuergesetz. Hier wird Gold einfach von der Umsatzsteuer befreit. Für Silber gibt es keinen solchen Ausnahme-Zusatz zum Gesetz. Deswegen ist Silber-Handel immer umsatzsteuerpflichtig. Genauso wie der mit Bitcoins.
Eine Überlegung ist noch möglich bezüglich der Umsatzsteuerbefreiung von “Privatgeld” wie dem Chiemgauer. Man könnte argumentieren, dass der Bitcoin ja etwas ähnliches ist und der Chiemgauer auch umsatzsteuerbefreit. Leider finde ich keine Begründung für die Umsatzsteuerbefreiung des Chiemgauers im Zwischennetz. So bleibt mir nur eine Vermutung: Der Chiemgauer kann, weil er ja durch den Verein ausgegeben wird als Forderung oder Anteilschein interpretiert werden. Deshalb fällt er unter einen der Punkte des § 4 Nummer 8 Umsatzsteuergesetz (UStG). Der Bitcoin wird aber eben nicht zentral ausgegeben, was in diesem Fall quasi die Krux ist. Falls jemand genaueres zur Umsatzsteuerbefreiung des Chiemgauers weiß, bitte ich um eine Nachricht.
Herr Schäffler findet das ganze natürlich bedauerlich, genauso wie ich. Er will es in seiner nächsten Anfrage noch einmal genauer wissen.
Anfrage 4 vom 19 September 2013
Inhalt der Anfrage:
Fällt der Handel oder die Vermittlung von Bitcoins unter eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 UStG, bzw. ist der Handel oder die Vermittlung von Bitcoins einer Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 UStG gleichgestellt, und stellt die Verwendung von Bitcoins als Zahlungsmittel eine umsatzsteuerpflichtige Leistung dar?
Anmerkung: § 4 Nr. 8. beschreibt eine Klasse von Dingen, deren Handel von der Umsatzsteuer ausgenommen ist. Es handelt sich zusammenfassend um alles, was man unter Wertpapierhandel verstehen kann. Forderungen, Wertpapiere, Aktien, Kredite, Einlagen usw. Wenn man Nummer 8 dieses Paragraphen streichen würde, hätte man damit eine 19-prozentige Finanztransaktionssteuer eingeführt. Bitcoins hierunter einzusortieren ist nur in Ausnahmefällen möglich. Bitcoins sind nämlich wie gleich auch in der Antwort klar gestellt wird, keine Forderungen gegenüber einer dritten Partei. Es ist wohl durchaus möglich, dass sie in einer gewissen Konstellation von Geschäftsprozess als Sicherheit oder Forderungen übertragen werden. Das gilt aber nur für eben diese wohl eher seltenen Konstruktionen. Bei einem schlichten Handel “Bitcoins gegen Cash” greift diese Einordnung nicht.
Die letzte Frage ist ungeschickt. Die Verwendung von Bitcoin als Zahlungsmittel ist natürlich nicht umsatzsteuerpflichtig. Da kann man auch fragen, ob das Essen eines Joghurts umsatzsteuerpflichtig ist. Es handelt sich ja hierbei jeweils nur um eine Tätigkeit oder einen Prozess, der nicht besteuert wird. Entscheidend ist nur der geldwerte Vorteil beim Empfänger der Transaktion. Dieser wird besteuert, nicht die Transaktion selbst. Entsprechend fällt die leicht süffisante Antwort unten aus.
Antwort:
Der Handel oder die Vermittlung von Bitcoins kann als Geschäft mit Forderungen unter den Voraussetzungen des § 4 Nummer 8 Buchstabe c Umsatzsteuergesetz umsatzsteuerfrei sein. Die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nummer 8 Buchstabe b Umsatzsteuergesetz kommt nicht in Betracht; insoweit verweise ich auf die Antwort zu Ihrer schriftlichen Frage Nummer 409 für den Monat Juli 2013.
Die bloße Entgeltentrichtung ist keine Lieferung oder sonstige Leistung im Sinne des § 1 Absatz 1 Umsatzsteuergesetz. Dementsprechend ist die Verwendung von Bitcoins als Zahlungsmittel nicht umsatzsteuerbar.
Wie oben beschrieben kann man möglicherweise in einigen Fällen Bitcoins irgendwie als Forderungen deklarieren. Das werden aber die wenigsten geltend machen können und dann wird das auch noch einmal explizit geprüft.
Die letzte falsch gestellte Frage wird trocken beantwortet. Dies hindert die Zeitung “Die Welt” aber nicht daran, diesen Absatz vollkommen falsch zu interpretieren und von einer Umsatzsteuerbefreiung zu schwafeln. Fakt ist: Sollte der Geschäftsinhaber seine Bitcoins veräußern wollen und dabei einen signifikanten Umsatz generieren, dann fällt auf diesen Umsatzsteuer an. Im Endeffekt werden Bitcoins genau wie Silber behandelt. So lange es keine Ausnahmeregelung im UStG gibt, muss für jeden Bitcoin-Ankauf und -Verkauf Umsatzsteuer abgeführt werden.
Ich spreche hier also eine Warnung aus: Nach den Antworten des Finanzministeriums können große Guthaben – unabhängig von der Erwirtschaftung – von Bitcoins – zumindest in Deutschland – nur unter Abführung der Mehrwertsteuer in Euro umgetauscht werden. Das gilt auch für Händler, die Bitcoins angenommen haben und jetzt Euros brauchen um neue Waren zu kaufen. Dieser Zustand ist ganz fatal für die Bitcoin-Community in Deutschland. Die freudigen Luftsprünge von Herrn Schäffler und der Zeitung “Die Welt” zeigen, dass die Antworten unverständlicherweise genau falsch herum interpretiert wurden.
DIsclaimer: Ich bin kein Jurist und auch kein Steuerberater. Ich kann aber Gesetzestexte lesen.
Hallo,
vielen danke für den wunderbaren Artikel der Klarheit schafft.
Zwei Fragen hätte ich jedoch bezüglich der Mehrwertsteuer:
1. Bis zu welchen Umsatz ist man von der Mehrwertsteuer befreit?
2. Kann man diese nicht gegen verrechnen als Händler?
Vielen Dank nochmal!
Hallo Arcurus,
es gibt meines Wissens keine feste Grenze ab wann man als Händler gilt. Es kommt vor allem ob Du das ganze mit erwerbsorientierter und nachhaltiger Organisation machst. Siehe dazu auch dieses Urteil. Es wird also individuell entschieden werden müssen. Im Zweifel einen Steuerberater fragen. Was genau Du mit “gegen verrechnen meinst” verstehe ich leider nicht.
Grüße
Levin
“es gibt meines Wissens keine feste Grenze ab wann man als Händler gilt. Es kommt vor allem ob Du das ganze mit erwerbsorientierter und nachhaltiger Organisation machst.”
doch die gibt es :-):
nach §19 UStG:
Die […] Umsatzsteuer wird von Unternehmern […] nicht erhoben, wenn der […] Umsatz […] im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird.
Mit “Verrechnen” meinte Arcurus vermutlich im Gegenzug die Anrechnung der “Vorsteuer” (also die Umsatzsteuer auf die Bitcoineinkäufe, sofern sie per Rechnung ausgewiesen wird) auf die Umsatzsteuer.
LG Harry
„Bis dahin ist der Handel mit Bitcoin voll umsatzsteuerpflichtig. Das heißt jeder der Bitcoins für 119€ verkauft, muss 19€ Umsatzsteuer abführen.“
Das ist aber nur die „halbe Wahrheit“. Denn ich könnte im Gegenzug dann auch die 19% Umsatzsteuer beim Einkauf als „Vorsteuer“ abziehen. Allerdings nur wenn ich die BTCs ebenso bei einem umsatzsteuerpflichtigem Händler eingekauft habe und dieser die Umsatzsteuer (auf Rg.) ausweisen kann.
Bsp. Ankauf 1 BTC für 50€ + 19% Vorsteuer; Verkauf 100 € + 19% Umsatzsteuer. Im Enddeffekt also 19% aus 50€ (100-50,-) und nicht aus 100,- €.
Sollte der Händler, bei dem man ankauft privat tätig sein (d.h. ohne Umsatzsteuerpflicht), wären es 19% aus 100,-€. Die Zukunft wird zeigen wie hoch der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Händler tatsächlich sein wird…
Gruß Harry
„Im Endeffekt werden Bitcoins genau wie Silber behandelt. So lange es keine Ausnahmeregelung im UStG gibt, muss für jeden Bitcoin-Ankauf und -Verkauf Umsatzsteuer abgeführt werden.“
Das ist nicht ganz korrekt. Beim Silber wie auch beim Bitcoin -ANKAUF muss keine Umsatzsteuer „abgeführt“ werden, sondern im Gegenteil- Der Händler darf sich diese vom Finanzamt als Vorsteuer holen.
Der entscheidende Unterschied zum Silber-Ankäufer ist m.E. aber-> Dieser kann beim Silber-Ankauf auch beim Kauf von einem Privatmann die Differenzbesteeurung nach § 25a UStG anwenden und somit per Saldo nur 7% (ist zur Zeit der Steuersatz auf Silber, wird aber ab 2014 auch auf 19% erhöht) auf den MEHRWERT zwischen Ankauf und Verkauf ans Finanzamt abführen. Das kann der Bitcoin-Händler m.E. deshalb nicht, da in § 25a UStG nur von „Gegenständen“ die Rede ist und BTCs m.E. nicht darunter fallen.
„ Fakt ist: Sollte der Geschäftsinhaber seine Bitcoins veräußern wollen und dabei einen signifikanten Umsatz generieren, dann fällt auf diesen Umsatzsteuer an. „
Das muss doch aber jeder (umsatzsteuerpflichtige) Unternehmer. Derjenige der in EURO handelt sofort und derjenige, welcher Bitcoins akzeptiert, erst mit Umtausch in Euro. Wo ist da Deiner Meinung nach der Unterschied? (Vielleicht habe ich da jetzt einen Denkfehler ?)
Grüße Harry
Hallo Harry,
wenn Du zum Beispiel Gold statt Bitcoins verkaufst oder mit Devisen oder Aktien handelst musst Du als Händler keine(!) Umsatzsteuer abführen. Beim Bitcoin schon. Es ist so als wenn Du Kaugummis oder Bier verkaufst. Das mag für die meisten Leute verrückt wirken, weil sie den Bitcoin als “Währung” ansehen, ist er aber nicht. Er ist ein Wirtschaftsgut und muss dann vom Endhändler an den Endkunden mit einer Umsatzsteuerabführung verkauft werden. Deine anderen Rückmeldungen sind natürlich auch richtig, dass beim Verkauf von Händler zu Händler wie bei anderen Waren (zum Beispiel Bier) im Endeffekt keine Umsatzsteuer zu bezahlen ist.
Wenn der Händler BTCs in euro umtauscht, dann fällt keine Umsatzsteuer an für den Eurobetrag, den er dafür erhält.
Der BTC dient beim Warenverkauf als Bemessungsgrundlage (sprich als „Entgelt“ gemäß Umsatzsteuergesetz) für die Umsatzsteuer. Genauso wird beim Umtausch in Euro der Euro als Entgelt für Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer herangezogen. Aber auch hier hat er ja nur die Differenz (sprich den MEHRWERT) vom vorherigen Verkaufspreis der Ware in BTCs zum Verkaufspreis der BTCs in Euro mit Umsatz- (=MEHRWERT-) Steuer abzuführen. Genauso wie jeder andere Unternehmer auch.
Letztlich bleibt aber die Umsatzsteuerbelastung wie bei allen Waren ausschließlich beim Endabnehmer (Verbraucher) hängen. („Für den Unternehmer wirkt sie „steuerneutral“).
M.M. nach müsste die Umsatzsteuer sich zukünftig die Preise von BTCs erhöhen, da die USt drauf geschlagen wird. Es wird halt eingepreist werden, so oder so…
Wenn jemand Bitcoins öfters und in großem Umfang gegen Euros tauscht, wird er meiner Meinung nach als “Bitcoin-Verkäufer” betrachtet werden. Dabei ist es unerheblich, ob er die Bitcoins selbst gemacht hat, früher mal gekauft oder irgendetwas anderes hat. Der Bitcoin wird hier behandelt wie Reis zum Beispiel. Wenn Du Reis für deine Waren als Händler annimmst und irgendwann den Reis verkaufst, musst Du darauf Mehrwertsteuer bezahlen. Ob Du das mit der Mehrwertsteuer verrechnen kannst, die Du beim Annehmen des Reises abgeführt hast, kann ich nicht sagen. Aber möglicherweise ist dein Reis – bzw. der Bitcoin – ja auch inzwischen viel mehr wert und die Mehrwertsteuer eine ganz andere.
Hallo Levin,
“Der Handel oder die Vermittlung von Bitcoins kann als Geschäft mit Forderungen unter den Voraussetzungen des § 4 Nummer 8 Buchstabe c Umsatzsteuergesetz umsatzsteuerfrei sein.”
Das “kann” bezieht sich sehr wahrscheinlich auf die Optionsmöglichkeit im §9 UStG wonach ein Steuerpflichtiger seinen Umsatz als steuerpflichtig behandeln “kann”, wenn er es für sich als wirtschaftlich vorteilhaft erachtet. Wir streben diesbezüglich noch eine Klarstellung an. Aus meiner Sicht wird aber deutlich, dass das Finanzministerium den Handel mit Bitcoins im Bereich des §4 Nr. 8 angesiedelt sieht, bzw. sehen möchte.
Was die “bloße Entgeltentrichtung” angeht war es bis zur Klarstellung durch das Finanzministerium gar nicht so klar, dass Bezahlvorgänge mit Bitcoins nicht von der Umsatzsteuer erfasst werden. Die Finanzverwaltung hat – im Gegenteil – zuletzt mehrheitlich in die Richtung tendiert, dass es sich bei Bezahlvorgängen mit Bitcoins um voll umsatzsteuerpflichtiges Tauschgeschäfte (Ware gegen Ware) handelt.
Etwas “süffisantes” kann ich in der Antwort des Finanzministeriums daher überhaupt nicht erkennen. Das Finanzministerium hätte ohne Probleme beide Fragen sehr deutlich Richtung Umsatzsteuerpflicht beantworten können – unabhängig davon, dass letztlich sowieso die Finanzgerichte über die Auslegung der bestehenden Gesetze in Sachen Bitcoin entscheiden würden, sollte es unterschiedliche Auffassungen geben.
Da jedoch im Finanzministerium die Menschen sitzen, die die Gesetzesentwürfe schreiben, kann man meines Erachtens schon vorsichtig optimistisch damit rechnen, dass “virtuelle Währungen” mittelfristig einen eigenen Buchstaben im §4 Nr.8 UStG erhalten werden. Vielleicht führt vorher aber noch Burkina Faso den Bitcoin als zweites gesetzliches Zahlungsmittel ein. Dann hätte sich die Sache im Sinne des §4 Nr. 8b UStG von alleine geklärt
Viele Grüße,
Oliver
Was denkt ihr wie sieht das mit Prypto Scratchcards aus? Die Karten haben einen Nennwert von jeweil xx Coins (können auch Altcoins sein) das Wallet hält Prypto (die sitzen in Irland). Verkaufe ich jetzt eine dieser Karten, verkaufe ich einen Anspruch gegenüber einem dritten (also Prypto). Fällt da jetzt Umsatzsteuer an?
Die Karten funktionieren wie Prpaid Karten. Sind zwei Codes drauf die man auf eine Website eingibt um die Coins dann an ein Wallet zu schicken.
grüße