FAZ Artikel über Bitcoin vom 23.09.2013

Obwohl die journalistische Arbeit hinter dem Artikel, den die F.A.Z. am 23.09.2013 über Bitcoin und andere dezentrale digitale Währungen veröffentlicht hat, eigentlich eine Beleidigung jedes Lesers ist und man diesen Artikel in Folge dessen getrost ignorieren dürfte, werde ich mir ausnahmsweise die Zeit nehmen, um ihn im Folgenden zu kommentieren. Ich möchte Lesern, die weniger über Bitcoin und den Kosmos darum wissen gerne aufzeigen, was denn die eklatanten Fehler des Artikels sind und sie vor allem davor schützen, die gleichen falschen Schlüsse wie der Autor Franz Nestler zu ziehen. Ich werde den Artikel zitieren und unterbrechen, wenn mir ein Kommentar nötig erscheint. Die Einleitung mit der Musik und dem Streaming spare ich mir. Diese ist sogar einigermaßen korrekt. Wäre auch noch schlimmer, wenn nicht. Diesen Post betrachte ich auch als offenen Leserbrief an die F.A.Z. Redaktion und werde ihn an die entsprechende Stelle einsenden. Ich erwarte eine Korrektur des Artikels und eigentlich eine Entschuldigung des Autors bei den Lesern, die für vermeintlich seriösen Journalismus bezahlen.

Die Goldgräberstimmung bei den Bitcoins ist vorbei

Eine ähnliche Bedeutung für den Online-Bezahlmarkt könnte den Bitcoins bevorstehen. Der Erfinder ist nicht nur ähnlich unbekannt wie der von Napster, er ist sogar vollkommen anonym.

Anonym ist keine Steigerung von unbekannt. Satoshi ist in der Szene einfach eine Symbolfigur und die Huldigung dieses “anonymen Helden” wird nicht zuletzt darin deutlich, dass die offizielle Bezeichnung der kleinstmöglichen Unterteilung von Bitcoin in 0,00000001 Bitcoin bis heute “1 Satoshi” lautet.

Bekannt ist nur, dass das Konzept der Bitcoins von einer Person oder Gruppe entwickelt wurde, die sich den Namen Satoshi Nakamoto gab. Ob das der echte Name ist oder nur ein Pseudonym, ob dahinter ein Amerikaner, ein Asiate oder ein Europäer steckt, ob es eine Frau oder ein Mann ist – alles komplett unbekannt. Die ersten Bitcoins entstanden im Januar 2009, heute ist Nakamoto komplett verschwunden.

(Ich werde der Einfachheit halber davon ausgehen, dass Nakamoto ein einzelner Mann ist, obwohl sich natürlich auch eine Frau oder eine Gruppe hinter dem Namen verbergen könnte.) Nakamoto ist nicht verschwunden. Derjenige, der das Pseudonym benutzt hat, benutzt es nur nicht mehr. Er wirkt damit auch nicht mehr unter diesem Pseudonym an der Entwicklung des Protokolls mit. Dieses Vorgehen war vollkommene Absicht. Seine offizielle Mitwirkung ist erstens nicht mehr nötig und zweitens sogar schädlich. Immerhin dürften mächtige Interessenvertreter daran interessiert sein, Nakamoto und damit dem Bitcoin zu schaden.

Das Prinzip hinter den Bitcoins ist relativ einfach.

Offensichtlich für Herrn Nestler nicht einfach genug. Dazu später mehr. Festzuhalten gilt aber, dass das Verständnis des Prinzips hinter Bitcoin sehr schwer zu erlangen ist. Es beinhaltet die nachhaltige Einarbeitung in diverse Paradigmen und Theoreme der Kryptografie und der Komplexitätstheorie. Es ist ganz bestimmt nicht unmöglich, das Prinzip genau zu verstehen. Aber es erfordert Arbeit.

Einheiten der digitalen Währung kann praktisch jeder am Rechner erzeugen. Dazu muss lediglich ein Programm auf dem Computer installiert werden, das dann die Bitcoins erstellt. Dazu löst es komplizierte Rechenfolgen ohne jeglichen Nutzen.

Natürlich haben die Berechnungen einen Nutzen. Nur nicht für etwas anderes, außer dem Bitcoin. Die Berechnung der richtigen Lösung des aktuellen Problems und damit das Recht auf die Gutschrift von neuen Bitcoins ist mit Absicht sehr aufwendig. So wird sicher gestellt, dass es äußerst schwer ist (de facto unmöglich) gefälschte Bitcoins herzustellen. Wäre die Aufgabe leichter, dann könnte man Bitcoins auch leichter fälschen. Die Komplexität der Berechnung und der Aufwand (in Zeit und Stromkosten) haben also den direkten Nutzen, dass Bitcoins fälschungssicher sind. Es gibt Ansätze wie Primecoin, wo “nebenbei” noch eine Berechnung von großen Primzahlen stattfindet. Dies könnte aber höchstens die Sicherheit des Algorithmus und damit die Fälschungssicherheit verschlechtern. Hier Kompromisse für den fragwürdigen “Zusatznutzen” der Berechnung von genauso nutzlosen großen Primzahlen einzugehen ist ein gefährlicher Marketing-Gag.

Ist eine solche Gleichung gelöst, hat der Nutzer ein Bitcoin verdient.

Es heißt erstens “einen” Bitcoin und zweitens werden entweder 25 Bitcoins ausgeschüttet (wenn die Gleichung gelöst wird) oder gar keine (wenn ein anderer schneller war). Die Anzahl der Bitcoins, die beim Lösen der Gleichung ausgeschüttet werden sinkt mit der Zeit. Es dauert aber noch einige Jahre, bis nur noch 1 Bitcoin ausgeschüttet wird.

Dieser Prozess wird von den Enthusiasten gern „Mining“ genannt, übersetzt heißt das etwa „Schürfen“. Das drückt wohl auch in etwa die Goldgräberstimmung aus, welche die Schürfer empfunden haben, als der Wert der Bitcoins durch die Decke schoss. Im April kostete ein Bitcoin in der Spitze 266 Dollar. Dabei ist ein Bitcoin an sich rein gar nichts wert. Die Währung ist mit nichts anderem hinterlegt als mit dem Vertrauen der Nutzer. Das scheint aber in Zeiten der Finanzkrise und offenen Geldschleusen der Notenbanken ein wertvolles Gut zu sein.

Wenn man als Wert eines Gegenstandes zumindest die Energie und Rohstoffe bemisst, die es kostet, ihn herzustellen, dann ist ein Bitcoin durchaus etwas wert. Mit Hardware, die der ein oder andere Leser besitzen könnte (z.B. gute Grafikkarten) würden alleine die mittleren Stromkosten für einen Bitcoin etwa das fünf bis zwanzigfache des aktuellen Kaufpreises ausmachen. Ein Euro-Schein indes kostet in der Herstellung weniger als 10 Euro-Cent. Gerade hier muss man davon sprechen, dass der Wert, der der Geldnote zugeschrieben wird, prinzipiell mit keinem Gegenwert hinterlegt ist. Außer mit dem Vertrauen der Nutzer, dass andere Nutzer morgen der Geldnote die gleiche Kaufkraft zuordnen wie gestern.

Auch an Inflationsvermeidung hat Nakamoto gedacht. Da die Rechenfolge immer komplizierter wird, benötigt ein Nutzer immer mehr Zeit, um einen Bitcoin zu verdienen.

Die “Rechenfolge” (präziser: die Berechnung) wird tatsächlich immer aufwendiger. Nur einen reinen Anstieg der Schwierigkeit hat niemand – auch nicht Nakamoto so festgelegt. Es wäre durchaus möglich, dass die Komplexität auch wieder sinkt. Es ist nur so, dass zur Zeit die Rechenkraft des gesamten Netzwerkes sehr rasant ansteigt. Wenn also mehr Rechenleistung zum Lösen der Probleme zur Verfügung steht, würden dadurch öfter (und vor allem schneller) Lösungen gefunden und neue Bitcoins ausgeschüttet. Dieser Prozess wird dadurch verhindert, dass die Komplexität mit der Rechenleistung des Netzwerks ansteigt, so dass die mittlere Zeit, bis zu der eine Lösung vom gesamten Netzwerk gefunden wird, immer ungefähr gleich bleibt. Sollte die Gesamtleistungsfähigkeit aller “Miner” wieder sinken, dann wird auch das Problem wieder leichter zu lösen.

Außerdem ist die maximale Menge erstellbarer Bitcoins von vornherein auf 21 Millionen Stück begrenzt. Etwa die Hälfte davon wurde bis zum heutigen Tag produziert, bis ins Jahr 2033 sollen die letzten Rechenfolgen gelöst und damit die letzten Einheiten der digitalen Währung hergestellt werden. Durch die künstlich erzeugte Knappheit wird Inflation sogar verringert oder ganz verhindert. Mittlerweile sind die Rechnungen allerdings schon so komplex, dass ein einzelner Nutzer die Gleichungen eigentlich nur noch dann allein lösen kann, wenn er einen Nasa-Rechner hat.

Es ist zwar korrekt, dass ein Nutzer mit handelsüblicher Hardware nicht mehr sinnvoll Bitcoins erzeugen kann. Sinnvoll meint hier wie oben beschrieben, dass der Wert des erzeugten Bitcoins die Herstellungskosten übersteigt – sonst ist es ja billiger die Bitcoins einfach zu kaufen. Mit spezieller Hardware kann aber trotzdem jeder zu Hause weiterhin Bitcoins machen und dabei Geld verdienen. Diese muss man allerdings bei spezialisierten Herstellern kaufen, der Installationsaufwand, sowie die Investitionskosten sind hoch und das Betreiben ist komplex. Aber durchaus im Bereich des für den Privatmann machbaren.

Vollkommen lächerlich ist der Begriff “Nasa-Rechner”. Der Autor meint damit vermutlich einen Super-Computer, wie ihn zum Beispiel die Nasa für gewisse aufwendige Berechnungen benutzt. Wobei man vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte mit dem Begriff “NSA-Rechner” sicher einen stärkeren dramaturgischen, wenn auch genauso irreführenden Effekt erzielen würde. Auf Grund des bei der Bitcoinberechnung zu lösenden sehr spezifischen Problems sind solche Super-Computer zum Bitcoinmining vollkommen ungeeignet. Es werden inzwischen eigens nur für Bitcoinmining konzipierte Chips genutzt, die sich für keine anderen Berechnung – auch nicht für irgendwelche “Nasa-Berechnungen” – einsetzen lassen. Deren Leistungsfähigkeit übertrumpft bei gleicher Investition in Hardwarekosten einen Supercomputer bezüglich der Berechnung von Bitcoins spielend um Zehnerpotenzen.

Allerdings würde die Gewinnung durch die exorbitant hohen Stromkosten bei weitem überstiegen. Daher haben sich viele Nutzer mittlerweile zusammengetan, um Bitcoins zu schürfen.

Deutschland hat die Währung als privates Geld anerkannt

Einige Internetdienste und sogar Läden außerhalb des Netzes akzeptierten das Zahlungsmittel inzwischen. Allerdings ist das Bezahlen nur teilweise praktisch: Preise in Bitcoins auszuschreiben bedeutet, viele Nachkommastellen benutzen zu müssen: Eine Packung Kaugummi kostet heute etwa 0,08 Bitcoins.

Der Artikel ist am 23. September 2013 erschienen. Der Bitcoin wurde an diesem Tag für etwa 90 Euro gehandelt. 0,08 Bitcoins haben also 7,20€ gekostet. Eine sehr teure Packung Kaugummi. Fraglich ist, ob der Autor es auch bei Aldi als Zumutung empfindet, dass der Wein 2,99€ und nicht “drei Euro” kostet. Vielleicht ist es dann einfacher das benötigte Kleingeld für die Kasse mit zehn Fingern auszurechnen. Die Packung Kaugummi kostet übrigens 8.000.000 Satoshi. Wer in Satoshi denkt muss sich also noch eine ganze Weile nicht mit Nachkommastellen belasten.

Daneben haben die Bitcoins den gleichzeitigen Vor- und Nachteil, dass die Zahlungen anonym vonstattengehen. Deshalb soll zum Beispiel in Iran oder auch in China die Währung bei Dissidenten eine gewisse Beliebtheit errungen haben. Aber die Anonymität können sich natürlich auch Geldwäscher und Drogenhändler zunutze machen.

Korrekt.

Durch den rasanten Beliebtheitsschub ist die Währung in das Visier der Aufsichtsbehörden geraten. Das liegt auch daran, dass erste Firmen gegründet werden, mit denen Geld in Bitcoins angelegt werden kann. So haben etwa die umtriebigen Winklevoss-Zwillinge, die schon beim sozialen Netzwerk Facebook mitmischten, einen eigenen Fonds angemeldet. Das macht die Behörden misstrauisch, besonders in den Vereinigten Staaten.

Was gibt dem Autor das Recht die Winklevoss-Zwillinge als “umtriebig” zu bezeichnen? Die beiden sind nach allgemeiner Berichterstattung vollkommen seriöse Geschäftsleute und haben lediglich im Rahmen der Klage gegen Marc Zuckerberg um Facebook Aufsehen erregt. Der Vergleich, bei dem sie eine hohe Zahlung erhalten haben, zeigt allerdings, dass ihre Vorwürfe zumindest nicht haltlos waren. Die Idee, dass die amerikanischen Behörden misstrauisch werden, wenn die Winklevoss-Zwillinge an einem Geschäft mitwirken, ist ein Produkt der blühenden Fantasie des Autors. Dies ist ein besonders krasses Beispiel für die mangelnde Seriosität des Artikels. Es liegt nahe zu vermuten, dass das Bild des Autors über Cameron und Tyler Winklevoss lediglich durch die Darstellung der beiden im Film “The Social Network” ausgeprägt ist.

So müssen etwa 25 Firmen, die mit Bitcoins Geld verdienen, ihre Geschäftsdaten zur Überprüfung an die New Yorker Aufsicht für Finanzdienstleistungen übermitteln.

Es wurden etwa 25 Firmen, die “irgendetwas mit Bitcoin” zu tun haben angeschrieben, darzustellen, wie sie verhindern, dass mit ihren Dienstleistungen Geldwäsche betrieben wird. Keines der Unternehmen musste seine Geschäftsdaten herausgeben und diese wurden auch nicht überprüft. Es wurden lediglich die Mechanismen zur Abwehr von Geldwäsche hinterfragt. Dass zahlreiche dieser Unternehmen überhaupt nicht mit Bitcoins handeln und deshalb gar keine Geldwäscheschutz-Bedingungen erfüllen müssen, hat die Behörden dabei nicht gestört.

Das soll zum Beispiel der Geldwäsche vorbeugen, aber auch die Kunden schützen. Noch weitere Behörden – darunter das Heimatschutzministerium – haben sich bereits mit dem digitalen Geld beschäftigt und teilweise den Handel verboten oder sehr restriktiv gestaltet.

Es gibt weltweit nirgends ein Verbot des Handels von Bitcoins. Vor allem nicht in den Vereinigten Staaten. Eine derartige Meldung gab es nur aus Thailand, diese ist aber falsch.

Auch die amerikanische Regulierungsbehörde für Optionshandel auf Rohstoffe, die CFTC, sieht sich zuständig und möchte den Handel regulieren.

In Deutschland ist man einen guten Schritt weiter und hat die Währung als privates Geld anerkannt, wie die F.A.Z. am 18. August berichtete. Das Herstellen von Bitcoins wurde vom Bundesfinanzministerium als „private Geldschöpfung“ bezeichnet. Damit ist die Digitalwährung rechtlich und steuerlich gebilligt.

Vollkommener Unsinn. Das Finanzministerium kann Bitcoin gar nicht rechtlich billigen. Es hat lediglich seine Einschätzung der steuerlichen Behandlung von Bitcoin abgegeben. Letztlich kann dies aber erst durch ein Gericht entschieden werden, wenn es über diese Einschätzung verschiedene, gegenteilige Auffassungen gibt, sich ein Bürger benachteiligt fühlt und gegen eine entsprechende Einschätzung klagt. Gleiches gilt für die “Legalität” von Bitcoins, welche zumindest nach Deutschem Recht zur Zeit als unstrittig angesehen werden darf.

Durch eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Frank Schäffler wurde bekannt, dass Kursgewinne aus Bitcoins nach einem Jahr steuerfrei sind. Der Fiskus behandelt sie also anders als Aktien, Zertifikate oder Fonds. Diese unterliegen einer Abgeltungsteuer von 25 Prozent. Das Finanzministerium erklärte dazu, dass die Veräußerung von Bitcoins nach einem Jahr ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des Einkommensteuergesetzes sei.

Auch Amazon hat schon eine eigene Währung geschaffen

Das enge Korsett, das den Bitcoins angelegt wurde, schmeckt den Nutzern natürlich gar nicht.

Worauf begründet sich diese Aussage? Dafür gibt es keinen Hinweis, der Bitcoin wird weiterhin genutzt. Einschränkungen und zurückgehende Nachfrage sind nicht festzustellen.

Das könnte dazu führen, dass die Ideen hinter den Bitcoins zwar erhalten bleiben, die digitale Währung aber verschwinden wird. Doch schon jetzt haben die Bitcoins zahlreiche Nachahmer hervorgebracht. Ihre Kinder könnten die Bitcoins schlussendlich ablösen. So gibt es zum Beispiel simple Klone wie die weitverbreiteten Litecoins. Sie funktionieren zwar ähnlich wie Bitcoins, die Rechenfolgen sind aber weniger komplex, so dass jeder Nutzer die digitalen Münzen erstellen kann.

Falsch. Litecoins sind de facto genauso aufwendig zu erzeugen wie Bitcoin. Durch einen anderen Algorithmus lohnt es sich aber nicht, dafür dedizierte Hardware zu entwickeln. Deshalb kann jeder mit seinem “Heimcomputer” Litecoins erstellen. Hier wäre dann übrigens ein Supercomputer besser als bei Bitcoins geeignet um Litecoins zu erzeugen. Die Fälschungssicherheit von Litecoins kann aber als ähnlich hoch wie bei Bitcoins eingeschätzt werden.

Trotzdem ist das System so komplex, dass es sich wohl nur an absolute Enthusiasten wendet. Aber auch PPCoin, das die Währungen eher in einer Art Lotterie und nicht ausschließlich nach Computerkraft verteilt, ist eine Alternative, die in der Szene sehr geschätzt wird.

PPCoin hat in der “Bitcoin-Szene” praktisch keine Bedeutung. Mit etwa vier Millionen Dollar ist die Marktkapitalisierung vernachlässigbar.

Ein anderes, sehr interessantes Projekt ist Ripple. Diese Währung soll einfacher zu verdienen sein als Bitcoins und auch einfacher zu handhaben.

Falsch. Zunächst muss man Ripple und Ripples (die Währung im System Ripple, abgekürzt XRP) unterscheiden. Dann ist es so, dass alle Ripples von den Erfindern von Ripple sofort und ohne Aufwand erzeugt worden sind und werden “gleichmäßig” verschenkt. Allerdings sind sie trotzdem weitgehend fälschungssicher. Man kann also keine Ripples mehr “minen”, sondern nur kaufen oder als Bezahlung für Arbeit oder Waren “verdienen”. Die Handhabung ist meiner Erfahrung und einheitlichen Berichten von Bekannten nach – zumindest bislang – komplexer als bei Bitcoins.

Über die Zukunft dieser und anderer Währungen werden die Nutzer mit ihrem Vertrauen ziemlich schnell entscheiden.

Aber auch große kommerzielle Anbieter wie Amazon haben eigene Währungen geschaffen. Mit den Amazon Coins kann der Nutzer Bücher oder digitale Inhalte erwerben. Das System funktioniert wie ein Guthabenkonto, auf das man vorher eine bestimmte Anzahl Amazon Coins auflädt. Auch Facebook verkauft „Credits“. Der Vorteil liegt allerdings nur in der besseren Kontrolle der Kosten und einigen Rabattaktionen.

Amazon Coins und Facebook Credits sind etwas ganz anderes als Bitcoin. Ich werde hier nicht weiter auf zentrale Währungen eingehen. Aber diese überhaupt in die Nähe von Bitcoin, Litecoin usw. zu rücken ist absurd. Diese sind eher mit dem gewöhnlichen Euro oder Dollar zu vergleichen.

Unabhängig davon, ob sich andere digitale Währungen durchsetzen werden oder nicht: Das einfache Bezahlen und die schnelle Autorisierung der Zahlungen sowie die Anonymität in Zeiten, in denen die Abhörspezialisten der amerikanischen NSA fast die ganze Welt bespitzelt haben, sind Aspekte, durch die sie sich in der Zukunft durchsetzen könnten. Und dann könnte der Name Satoshi Nakamoto eine ähnliche Bedeutung bekommen wie Shawn Fanning.

Dass Satoshi Nakamoto in Vergessenheit gerät kann sogar sein. Allerdings wird er heute von der Community um Bitcoin als Held verehrt. Shawn Fanning hat niemals irgendeinen User von Napster interessiert. Hier vergleicht der Autor – um es schön einfach auszudrücken – Spiderman mit Mario Draghi.

Andere Systeme, die ähnlich wie Bitcoin funktionieren, nennt man übrigens Altcoins. Grundsätzlich möchte ich zu der Gesamtaussage des Artikels “Der Bitcoin wird demnächst von anderen Altcoins abgelöst” noch folgendes kommentieren:

Alle die genannten Altcoins gibt es schon sehr lange (zumindest seit 2012). Trotzdem erfreut sich der BItcoin wacker der mit Abstand größten Beliebtheit. Die Frage, ob nicht doch irgendwann ein anderer Altcoin die Vorherrschaft übernimmt ist legitim, auch wenn Franz Nestler die Frage weder sinnvoll beantwortet, noch den Leser in die Lage versetzt, sich dazu ein Urteil zu bilden. Hier ist ein Vergleich mit Facebook gut geeignet. Es ist nicht weiter schwer, Facebook zu kopieren. Zunächst hat StudiVZ dies mit gewissem Erfolg versucht und auch Google hat mit Google+ eine durchaus technisch starke Konkurrenz zu Facebook aufgebaut. Ausschlaggebende Vorteile hat aber keines dieser Netzwerke gegenüber Facebook und die Marktanteile sind heute im Vergleich vernachlässigbar. So lange alle Freunde eines Nutzers bei Facebook sind, hat er keinen Anreiz den Anbieter zu wechseln. Dort herrscht eine mondoberflächenartige soziale Stille – von einigen Nerds und Datenschutznazis abgesehen. Genauso verhält es sich bei Bitcoin: So lange der Großteil der Händler die digitale Währungen annehmen dies in Bitcoin tun, werden die anderen Altcoins keine signifikanten Marktanteile haben, wenn sie nicht in ganz entscheidenden technischen Aspekten Vorteile nachweisen können.

Dabei gibt es beim Bitcoin noch einige offene Themen, die der Verbesserung harren. So ist die Anonymität von Bitcoin begrenzt. Auch die Datenmenge aller Transaktionen die in der verteilten Datenbank “Blockchain” gespeichert werden steigt schneller als von vielen angenommen und führt dazu, dass bei vollständigem Betrieb von Bitcoin-Clients eine große und schnell wachsende Datenmenge gespeichert werden muss. Sollte ein Altcoin diese Probleme lösen, wäre dies ein ausschlaggebendes Argument für viele Nutzer, den Bitcoin dagegen einzutauschen. Diese äußerst interessanten Punkte im Rahmen der Altcoin-Diskussionen scheinen dem Autor leider zu entgehen, dabei sind sie inhaltlich der einzige wichtige Beitrag zu der übergeordneten Fragestellung.

You may also like...

2 Responses

  1. herzmeister says:

    nette Liebesmüh, hoffentlich nich vergeblich `;)`

    Reply
  2. Harry says:

    Sehr gute Rezension. Viele Kritikpunkte sind mir damals beim Lesen des FAZ-Artikels genauso in den Sinn gekommen.

    “Die Frage, ob nicht doch irgendwann ein anderer Altcoin die Vorherrschaft übernimmt ist legitim,”

    “Sollte ein Altcoin diese Probleme lösen, wäre dies ein ausschlaggebendes Argument für viele Nutzer, den Bitcoin dagegen einzutauschen”

    “Zunächst hat StudiVZ dies mit gewissem Erfolg versucht und auch Google hat mit Google+ eine durchaus technisch starke Konkurrenz zu Facebook aufgebaut. Ausschlaggebende Vorteile hat aber keines dieser Netzwerke gegenüber Facebook und die Marktanteile sind heute im Vergleich vernachlässigbar”

    Ich sehe das bei Litecoin, etc. eher so wie bei Silber zu Zeiten des Goldgeldes:

    Die Konkurrenzwährung hat entweder einen weiteren Nutzen (Silber war aufgrund der höheren Teilbarkeit für den alltäglichen Gebrauch praktikabler und so wäre auch Litecoin aufgrund der eventuell schnelleren Transaktionsbestätigung in Zukunft für den Alltag als Bargeldersatz denkbar praktikabler)
    oder

    sie “lauert” einfach nur in Ruhe vor sich hin bis sich eines Tage tatsächlich eine eventuelle Schwäche des Bitcoins manifestieren sollte. Und DANN nämlich würde die große Stunde für die Konkurrenz schlagen und diese würden SOFORT in die Marktlücke springen!

    Ich persönlich halte diese Konkurenzsituation grundsätzlich für einen Segen, denn so MUSS letztlich ein vermeintlicher “Monopolist” IMMER an einer Verbesserung oder zumindest Qualitätssicherung interessiert sein und darf sich keinen “Schlendrian” erlauben oder auf seinen Lorbeeren ausruhen.

    Reply

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

You may use these HTML tags and attributes: